Der öffentliche Raum und seine Wahrnehmung – Karaköy & Faith, Istanbul

Jahr: 2014

Projektart: Studienarbeit an der Istanbul Technical University (ITÜ)

Beteiligte: Giorgia Vaglio, Melike Armagan

Leistungen: Analyse, Studie, grafische Gestaltung

Die Studie zur Wahrnehmung des öffentlichen Raums in Istanbul bezieht sich auf zwei unterschiedliche Aspekte und ihre Wirkung auf die Menschen im Alltag. Erstere hat das Verhalten von Fußgängern am Fähranleger von Karaköy zum Gegenstand.

Dominiert wird das Areal von der Straßenverbindung zwischen Beyoglu und dem historischen Altstadtkern in Fatih, die Verbindung über das sogenannte Goldene Horn. Dabei gibt es eine Fußgängerampel an der Stelle, an der fünf Verkehrsadern aufeinander treffen. Zusätzlich besteht eine Unterführung zwischen dem Fähranleger und dem Fischmarkt, der jedoch aufgrund seiner gestalterischen Mängel von den Fußgängern weder bei Sonne noch bei Regen besonders intensiv genutzt wird. Die Menschen bevorzugen die gefährliche und komplizierte Ampelkreuzung, die aufgrund ihrer Unübersichtlichkeit ein erhöhtes Risiko birgt. Dennoch lassen sich zwischen Fähranleger, Fischmarkt und Füniküler (Kabelbahn zur Istiklal Caddesi) etliche Straßenhändler mit ihren fliegenden Ständen nieder, die das hohe Fußgängeraufkommen nutzen. Teilweise gibt es eine Trennung der Verkehrsteilnehmer durch Metallzäune, allerdings ist die davon ausgehende Barrierewirkung gering, da die Istanbuler den gesamten Bereich als ‚Shared Space‘ betrachten und ihn mit dem motorisierten Individualverkehr in gleichem Maße benutzen. Durch die unzureichende Definition des Straßenraums kommt es vermehrt zu Unfällen zwischen Tram, MIV und ÖPNV sowie fußläufigen Verkehrsteilnehmern, wobei letztere, ungeachtet des Missstands an gestalterischer Qualität, diesen Raum dennoch hoch frequentieren – sowohl als Transit- als auch als Aufenthaltsraum.

Die zweite Betrachtung bezog sich auf die Straßenpflasterung im historischen Altstadtkern, bzw. im Areal um die Sultanahmet Moschee. Dieser geschichtsträchtige Ort hat in verschiedenen Epochen unterschiedliche Prägungen erfahren, als Teil des römischen Reichs, während der byzantinischen Zeit und auch während der osmanischen Herrschaft. In jeder dieser Epochen wurde das Altstadtgebiet erweitert und verändert – und die jeweilige Regentschaft in den öffentlichen Raum getragen. Heute sieht man nur noch einige bauliche Inseln, die, bezogen auf die verwendete Bodenpflasterung, ihr Alleinstellungsmerkmal behalten haben. Der verbindende Zwischenbereich zeigt zwar zum Teil diese Ambivalenz, lässt jedoch die historischen Epochen zum Großteil verschwimmen und überlagert sie mit (relativ) einheitlichen Steinpflasterungen, kleineren Baumscheiben bzw. Grünflächen und verdeckt dadurch die Historie für den Betrachter.