Kulisse macht Theater – Werksiedlung Marga

Jahr: 2018

Projektart: Teilnahme am geladenen Ideenwettbewerb für ein selbsterklärendes Erlebniskonzept am IBA-Studierhaus

Leistungen: Planung, grafische Gestaltung

Nach der politischen Wende 1989/1990 bis zur Privatisierung gehörte der Großteil der Siedlung der TLG. Mithilfe dieser Eigentumsstruktur, sowie durch Fördermittel des Landes und der Bundesagentur für Arbeit wurde Marga zwischen 1997 und 2000 saniert. Heute ist sie ein hervorragendes Beispiel einer Werkssiedlung und zeigt eindrucksvoll die hohe architektonische Qualität des Wohnungs- und Städtebaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Wenn man Marga besucht, fällt einem auf, dass einem nichts (Schlechtes) auffällt. Alles ist am richtigen Ort, klar strukturiert und ästhetisch gestaltet. Im Vergleich zu anderen kulturhistorisch wertvollen Siedlungsensembles, ist zu konstatieren, dass bis auf die Weissenhofsiedlung in keiner weiteren Siedlung, touristische Wertschöpfung in relevanten Größenordnungen stattfindet. Bedeutend ist die Wertschöpfung, monetär und nicht-monetär, als Wohnstandort.

Dies veranlasste uns dazu den Deutungskonflikt zwischen dem Begriff der Gartenstadt und dem Begriff der Werkssiedlung tiefgreifender zu analysieren. Entsprechend der Definition einer Gartenstadt können zwei Hauptmerkmale festgestellt werden. Zum einen die architektonisch-städtebauliche und damit auch ästhetisch notwendige Qualität einer Gartenstadt, welche Marga vollumfänglich vorzuweist. Daneben die gesellschaftlich-soziale Komponente des genossenschaftlichen bzw. gemeinschaftlichen Eigentums, welche in Marga durch eine patriarchalische Nutzer-Besitzer Beziehung ersetzt wird. Polemisch ausgedrückt ist Marga bezogen auf die Eigentumsverhältnisse vergleichbar mit einer Plattenbausiedlung in der Hand einer nicht-öffentlichen Wohnungsbaugesellschaft, mit allen Phänomenen die damit einhergehen. Es fehlt an Prozessen der Raumaneignung, sowohl in den Bereichen des privaten, als auch des öffentlichen Raumes. Die individuelle Übernahme von Verantwortung für einen Raum hängt direkt damit zusammen, inwieweit dieser im Eigentum oder im Besitz einer Person ist. Marga weist daher einen Mangel an Urbanität und Anziehungskraft auf. Es ist lediglich die Kulisse einer Gartenstadt.

Der Ansatz des Konzepts ist es daher, die mit hohem Einsatz errichtete und umfassend sanierte Werkssiedlung als Kulisse für Theateraufführungen zu nutzen. Der öffentliche Raum muss bespielt und seiner eigentlichen Nutzung zugeführt werden, als Ort des Austausches. Die vor Ort generierte Wertschöpfung wäre für ein solches Angebot vollumfänglich ausreichend.

Wenn Marga eine Gartenstadt wäre, stünden diese Mittel zur Verfügung, zum einen für den Erhalt der Substanz zum anderen zu deren (kultureller, sozialer und touristischer) Weiterentwicklung. Das grundsätzliche Problem ist nicht die Privatisierung, sondern, dass sie auf Kosten der Gemeinschaft getätigt wurde. Dieses Gedankenkonstrukt gilt es zu verifizieren. Und es zeigt sich akuter Forschungsbedarf, v.a. hinsichtlich der Rolle der Treuhandanstalt und deren Tochtergesellschaften. In dieser Diskussion wollen und werden wir uns beteiligen.