Jahr: 2013
Projektart: Studienarbeit für die EKA Tallinn
Leistungen: Analyse, Denkfabrik, grafische Gestaltung
Im Rahmen eines Studienaufenthalts zu Urban Studies an der Estnischen Kunstakademie in Tallinn entstand im Winter 2013 die räumliche Systemanalyse Endla_Luise. Methodische Grundlage hierfür bildete die Systemtheorie.
Grundauffassung ist, die Stadt als System zu begreifen, welches durch verschiedenste ökonomische, soziale und ökologische Einflüsse, aber auch planerische und damit politische Entscheidungen geformt wurde. Diese können von Außen aber auch von Innen wirken und sind konstanter Natur, was die Stadt in einen permanenten (Transformations-)Prozess versetzt. Das resultierende Bild zeigt demnach nicht den Endpunkt einer Entwicklung, sondern lediglich dessen derzeitigen Status Quo.
Durch die Definition eines Betrachtungsraumes werden spezifische Einflüsse auf und von städtischen Rahmenbedingungen erklärbar. Im konkreten Fall ist dies das Gebiet um die beiden Ausfallstraßen Endla und Luise im Südwesten der Altstadt Tallinns. Endla_Luise ist in diesem Sinne Subsystem der Gesamtstadt, welches vornehmlich durch die Analysedimensionen Funktion, Historie und Verkehr charakterisiert wird.
Die drei Hauptthemen verdeutlichen die Beziehungen, Einflüsse und Verbindungen innerhalb des Systems sowie zu seinem Umfeld. Endla_Luise ist zum heutigen Zeitpunkt ein vom Transit dominierter, urbaner Raum, welcher durch diverse Phänomene charakterisiert ist, wie z. B. eine hohe Bodennutzung, ‚Verkehrstrichter und -Schübe‘, ein weit ausgebautes ÖPNV-Netz, funktionale Konzentrationen sowie historische Interventionen in die gesamtstädtische Straßenstruktur. Um das System zu verstehen ist es notwendig in (Verkehrs-)Richtungen zu denken, hervorgerufen durch die Verkehrsplanung.
Das System ist ein Teil der Stadt und wäre ohne diese so nicht existent. In diesem Sinne ist es ein typisch postmoderner, städtischer Raum. Auf der einen Seite beeinflusst es seine Umgebung, auf der anderen Seite wird es durch diese beeinflusst. Es fungiert als Verknüpfung zwischen Ost und West sowie als Standort vielfältiger Sonderfunktionen.
Als Resultat der Analyse ergeben sich räumliche Fragestellungen. So ist die unwirkliche menschliche Wahrnehmung ein gestalterisches Problem, vor allem aus Fußgängerperspektive. Hervorgerufen durch den Mangel an Aufenthaltsqualität sowie der hohen Verkehrsgeschwindigkeit. Weiterhin ist das Dilemma eines weit ausgebauten ÖPNVs, der den Individualverkehr zu reduzieren versucht und der vorsätzlichen Gemütlichkeit des Menschen dies zu ignorieren, ein Aufhänger für künftige Untersuchungen und Lösungsvorschläge. Funktionale Problemstellungen ergeben sich aus der Parkraumknappheit und damit einhergehend der Nichtgestaltung des ‚Innenhofs‘ des Systems. Endla_Luise reflektiert verschiedene Zeiten der städtischen Entwicklung und ist resümierend ein baulich perforierter, städtischer Raum.